Was ist Schiffbau & Meerestechnik?
Die Wertschöpfungskette im Schiffbau umfasst Werften und Produzenten von Komponenten und Systemen sowie verschiedene Dienstleistungen in technischen wie betriebswirtschaftlichen Bereichen. Für die gesamte Wertschöpfungkette in Schiffbau und Meerestechnik schätzt der VSM den Beschäftigungseffekt in Deutschland auf mindestens 200 000 hochqualifizierte Arbeitskräfte.
Die 130 Werften in Deutschland bedienen weit gefächerte Märkte mit den Bereichen Handelsschiffbau, Reparaturen/Umbauten, Binnenschiffbau, Boots-/ Yachtbau und dem Marineschiffbau.
Die deutsche Schiffbauzulieferindustrie liegt innerhalb Europas an der Spitze. Die besondere Stärke der deutschen Unternehmen bildet der Export mit einem Anteil von mehr als 70 %, der dazu führt, dass Deutschland auch weltweit über die führende Schiffbauzulieferindustrie verfügt.
Unter dem Begriff Meerestechnik werden hierzulande Unternehmen, wirtschaftliche Tätigkeiten und wissenschaftliche Disziplinen zusammengefasst, die sich auf die Erforschung und Nutzung der Meere als Energie-, Rohstoff- und Nahrungsquelle beziehen. In den letzten Jahren waren aus industrieller Perspektive die wichtigsten Wirtschaftsbereiche die Öl- und Erdgasgewinnung aus dem Meer und die Offshore-Windenergienutzung. Langfristig bestehen auch große Potenziale beim Tiefseebergbau und der Nutzung von Gashydraten sowie im Bereich Meeresenergie und Aquakultur.
Dossiers:
Seeschiffbau
Der deutsche Schiffbau umfasst ein breites Spektrum aus Neubau, Reparatur und Umbau von zivilen See- und Binnenschiffen sowie Marineschiffen. Etwa die Hälfte der rund 40 mittleren und größeren Seeschiffswerften sind im Neubau tätig. Neben wenigen Konzerngesellschaften sind die Werften weitgehend mittelständisch geprägt und oft langfristig orientierte Familienunternehmen.
Als Reaktion auf die geänderten Marktbedingungen seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 gaben die Werften den Serienbau von Standardschiffen zugunsten von Einzelfertigungen auf. Sie verfolgten eine Nischenpositionierung und fokussierten sich erfolgreich auf High-Tech-Segmente. Das Spektrum des deutschen zivilen Seeschiffbaus erstreckt sich von Passagierschiffen über Megayachten bis hin zu Behörden- und Arbeitsschiffen sowie weiteren anspruchsvollen Spezialschiffen. Das Auftragsbuch deutscher Werften wird außerdem ergänzt durch Fähren und RoRo-Schiffe.
Binnenschiffbau
Die deutschen Binnenschiffswerften sind geprägt von hoher Qualität, Flexibilität, vielseitigen Erfahrungen und technologischen Kompetenzen.
Die insgesamt etwa 50 Binnenwerften sind überwiegend mittelständische familiengeführte Traditionsunternehmen, die sich mit großem Engagement in einem anspruchsvollen und umkämpften Markt behaupten.
Mit ca. 2.000 Beschäftigten erwirtschafteten sie mit Neubauten, Reparaturen, Umbauten und anderen Fertigungsbereichen in 2013 einen Umsatz von rd. 450 Mio. €. Sie sind für den umweltfreundlichen Verkehrsträger Binnenschifffahrt und für die übrigen Aktivitäten auf Wasserstraßen und in Häfen unverzichtbare Servicepartner, die mit ihren Wartungs- und Instandhaltungsleistungen zum reibungslosen Schiffsbetrieb beitragen.
Im Neubaubereich produzieren sie hochspezialisierte Wasserfahrzeuge und tragen nicht unerheblich zur Wirtschaftsleistung ihrer Standortregionen bei.
Downloads & Links:
- Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt e.V.
- Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen e.V.
- Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
- Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
- European Commission – Inland waterway transport in Europe
- Wirtschaftsdaten der europäischen Binnenschifffahrt
Marine & Behörden
Der Gesamtumsatz im Bereich Marineschiffbau umfasst neben Neubau auch Umbau, Wartung und Instandsetzung und liegt im Durchschnitt der letzten Jahre bei über einer Mrd. EUR.
Enthalten sind Aufträge für die Deutsche Marine, Exportaufträge sowie Erhaltungs- und Instandsetzungsaufträge. Das Produktspektrum reicht von Unterseebooten über Versorgungsschiffe bis hin zu Patrouillenbooten, Korvetten und Fregatten, von Zulieferteilen und Komponenten bis hin zum fertigen System Schiff.
Die Exportquote aller Unternehmen der Marineschiffbauindustrie – Werften, Komponentenhersteller, Zulieferer und Dienstleister – liegt bei deutlich über 70%.
Als Systemhäuser integrieren die Werften Produkte und Dienstleistungen hauptsächlich nationaler Zulieferer und tragen dadurch zu deren erfolgreichem nationalen und internationalen Marktzugang bei.
Die Bau- und Instandsetzungsstandorte befinden sich entlang der gesamten deutschen Küste und sorgen dort für hochqualifizierte Beschäftigung.
Reparatur & Umbau
Seeschiffe und Binnenschiffe sind robuste Fahrzeuge, die für eine hohe Design-Lebensdauer ausgelegt sind, und diese trotz anspruchsvoller Umgebungsbedingungen und großen Beanspruchungen auch erreichen oder überschreiten. Die angestrebte Langlebigkeit erfordert jedoch sorgfältige Inspektion und kontinuierliche Instandhaltung. Regelmäßige Wartungsarbeiten, rechtzeitige Reparaturen und die Anpassung an den Stand der Technik durch Nachrüstung mit aktueller Technologie sind unverzichtbare Voraussetzungen für eine dauerhaft sichere, umweltfreundliche und effiziente Schifffahrt.
In Deutschland bieten mehr als 30 Werften flexible Lösungen für das gesamte Größen- und Typenspektrum von See- und Binnenschiffen an. Die Leistungsspektrum reicht von der Reinigung der Außenhaut und Erneuerung der Beschichtung, über die Beseitigung von Havarieschäden und den Austausch beschädigter Ausrüstung bis hin zur Nachrüstung mit Systemen zur Ballastwasser- und Abwasserbehandlung oder der Abgasreinigung.
Deutsche Reparaturwerften bilden das Rückgrat der europaweiten Infrastruktur für „Ship Maintenance, Repair and Conversion (SMRC)“. Regelmäßig werden über 20 % der europäischen SMRC-Umsätze in Deutschland erzielt. Trotz starker Konkurrenz durch Werften aus Polen, dem Baltikum, den Niederlanden, Portugal, Spanien und der Türkei überzeugen die hiesigen Standorte mit hoher Qualität und Design-Kompetenz sowie Schnelligkeit und Termintreue. Da Reparaturaufträge häufig kurzfristig eingehen, ist zudem ein hohes Maß an Flexibilität ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.
Die speziellen Bedingungen des Reparaturgeschäftes stellen hohe Anforderungen an Mitarbeiter und Unterauftragnehmer. Derzeit belastet ein Mangel an reparaturerfahrenen Facharbeitern und kompetenter Unterlieferanten die Wettbewerbssituation. Darüber hinaus leidet das Reparaturgeschäft nach wie vor unter knappen Instandhaltungsbudgets der Reedereien. Dennoch konnten die deutschen Werften den Produktionswert von Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten weiter konstant halten.
Deutsche Werften verfügen über hohe Kompetenz im Bereich komplexer Umbauten vor allem bei Kreuzfahrtschiffen, Fähren und Yachten sowie bei der Konversion in andere Schiffstypen. Bei Umbauaufträgen reicht das Spektrum von der Renovierung der Inneneinrichtung bis zur Kapazitätserhöhung durch Verlängerung oder zusätzliche Aufbauten sowie Modifikation des Rumpfes zur Stabilitätserhöhung, Widerstandminderung oder Propulsionsverbesserung. Umbauaufträge sind wichtig, um neben dem stark fluktuierenden, schwer planbaren Reparaturgeschäft für eine gleichmäßige Grundauslastung zu sorgen.
Wachstumsimpulse gehen derzeit von steigenden Anforderungen des Meeresumwelt- und Klimaschutzes aus. Nach Inkrafttreten der MARPOL Annex VI Änderungen zum 1. Januar 2020 gilt global auch außerhalb von ECA ein Grenzwert für den Schwefelgehalt von Schiffstreibstoffen von 0,5%. Weltweit hat sich 2019 die Anzahl der mit Abgasnachbehandlungsanlagen (Scrubbern) ausgerüsteten Schiffe vervierfacht, wobei etwa drei Viertel der Zunahme auf Retrofits entfällt. Weitere Wachstumspotenziale ergeben sich mittelfristig daher aus der Nachrüstung der fahrenden Flotte mit Energiespartechnologien sowie Umbaumaßnahmen und Nachrüstungen für die Nutzung alternativer Treibstoffe. Die deutschen Umbau- und Reparaturwerften stehen dabei als kompetente Partner für die ganzheitliche Verbesserung der Energieeffizienz zur Verfügung.
Material, Komponenten, Systeme, Dienstleistungen
Je nach Schiffstyp entfallen 70% - 85% der Wertschöpfung eines Schiffsneubaus auf Materialien, Komponenten und Dienstleistungen. Die wichtigsten Produkte sind der Schiffbaustahl und Stahlkomponenten, maschinenbauliche Teile (wie Antriebsanlagen, Motoren, Pumpen, Decksmaschinen, Hydraulik- und Klimaanlagen), elektrische und elektronische Produkte (wie Kontrol- und Navigationsanlagen, Informations- und Kommunikationssysteme) sowie zahlreiche weitere Einzelteile und Materialien (wie Chemikalien, Farben, Holz etc.). Darüber hinaus tragen viele Dienstleistungsunternehmen (wie Klassifikationsgesellschaften, Ingenieurbüros, Schiffbauversuchsanstalten) zum Entstehen eines Schiffes bei.
Aufgrund des breiten Leistungsspektrums verfügt Deutschland weltweit über die größte und exportstärkste Schiffbauzulieferindustrie. Die Standorte dieser Unternehmen sind über alle Bundesländer verteilt. Neben den Küstenländern verfügen auch Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen über große Anteile an der Zulieferindustrie. Darüber hinaus haben zahlreiche Unternehmen auch ausländische Produktionsbetriebe, um in den führenden Schiffbauländern präsent zu sein.
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Meerestechnik
Unter dem Begriff Meerestechnik werden in Deutschland Unternehmen, wirtschaftliche Tätigkeiten und wissenschaftliche Disziplinen zusammengefasst, die sich auf die Erforschung und Nutzung der Meere als Energie-, Rohstoff- und Nahrungsquelle beziehen.
In den letzten Jahren waren aus industrieller Perspektive die wichtigsten Wirtschaftsbereiche die Öl- und Erdgasgewinnung aus dem Meer und die Offshore-Windenergienutzung. Langfristig bestehen auch große Potenziale beim Tiefseebergbau und der Nutzung von Gashydraten sowie im Bereich Meeresenergie und Aquakultur.
Die Lösung dieser großen Zukunftsherausforderungen verlagert sich nicht nur ins Meer, sondern auch in immer größere Wassertiefen und in abgelegene, klimatisch anspruchsvolle Regionen, wie Arktis und Antarktis. Damit gewinnen spezielle Kompetenzen und Produkte der Unterwasser-, Polar- und Eistechnik an Bedeutung, bei denen Deutschland zu den technologisch führenden Ländern gehört.
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