Branchenforum Offshore-Wind

Mittwoch, 24. Juni 2015 - 16:30

Bericht zum Branchenforum Offshore-Windindustrie am 9.3.2015 in Bremerhaven

„Offshore-Windindustrie und Maritime Wirtschaft: Kosten senken, Rahmen sichern, Wert schöpfen, Voraussetzungen verbessern“ Im Rahmen der 9. Nationalen Maritimen Konferenz

Die Ergebnisse wurden in Zusammenarbeit mit den Akteuren erstellt, die sich an der Vorbereitung des Branchenforums beteiligt haben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) dankt den verschiedenen Interessensvertretern (u.a.  Verbände, Sozialpartner, Länder, Bundesressorts, Behörden des Bundes, Stiftung Offshore-Windenergie), die zur Ergebnisfindung beigetragen haben. Das BMWi hat die Erstellung des Ergebnisberichts lediglich koordiniert; die Inhalte spiegeln dabei nicht die Haltung des Bundesministeriums oder der Bundesregierung wider.

Einleitung

Die Offshore-Windenergie wird in Deutschland einen erheblichen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten. Zum 31.12.2014 waren in der deutschen Nord- und Ostsee 258 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 1.050 Megawatt (MW) installiert; 529 MW hiervon gingen allein im Jahr 2014 in Betrieb.

Aufgrund der aktuellen Baufortschritte wird bis Ende 2015 mit einer Gesamtleistung von etwa 3.000 MW gerechnet, die dann jährlich über 12 TWh Strom einspeisen können. Bis zum Jahr 2020 sollen entsprechend dem Ausbauziel des Erneuerbare- Energien-Gesetzes (EEG) 6,5 Gigawatt (GW) Offshore-Leistung in Betrieb sein. Um dieses Ausbauziel sicherzustellen, können bis Ende 2017 Netzkapazitäten für Offshore-Windparks von bis zu 7.700 MW vergeben werden. Die rechtlichen Änderungen im EEG und im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) Mitte 2014 haben Investitionssicherheit für die Inbetriebnahme von Windparks bis Ende 2020 geschaffen. Auf Basis der jüngsten gesetzlichen Regelungen wurden bereits verschiedene   neue  finale   Investitionsentscheidungen   getroffen.   Auch   für   das laufende Jahr 2015 und für das darauf folgende Jahr werden weitere Investitionsentscheidungen erwartet. Entsprechend ist davon auszugehen, dass das Ausbauziel in Höhe von 6,5 GW bis 2020 auch erreicht werden kann. In den Folgejahren 2021 bis 2030 sieht das EEG einen jährlichen Zubau von 800 MW und ein Ausbauziel in Höhe von 15.000 MW bis 2030 vor. Ein Vergütungsanspruch nach dem EEG 2014 besteht für alle Offshore-Windparks, denen bis zum 31.12.2016 eine Netzanbindungskapazität von der Bundesnetzagentur zugewiesen wurde  und die bis zum 31.12.2020 in Betrieb gehen. Alle anderen Offshore-Windparks fallen in den Anwendungsbereich der ab 2017 geplanten Ausschreibungen. Im Rahmen des Workshops I „Energiewirtschaftliche Fragen“ im Branchenforum wurde deshalb über das zukünftige Förderregime und die Bedeutung der Offshore-Windenergie für die Energiewirtschaft diskutiert.

Die Ausbaupläne der Offshore-Windenergie in Deutschland, aber insbesondere auch die geplanten Vorhaben in den europäischen Ost- und Nordseeanrainerstaaten wie z.B. Großbritannien, Dänemark und Niederlande sorgen für entsprechende wirtschaftliche Perspektiven für deutsche Windenergieanlagenhersteller und Zulieferer, aber auch für die Schiffbauindustrie, maritime Dienstleister und viele andere mehr. In Workshop II „Wertschöpfung und Beschäftigung in der Offshore- Windindustrie“ standen deshalb Möglichkeiten zur Sicherung und zum Ausbau von Wertschöpfung und Beschäftigung am Wirtschaftsstandort Deutschland im Zusammenhang mit diesen Ausbauperspektiven im Mittelpunkt.

Die Senkung der Stromgestehungskosten aus Offshore-Windenergie ist ein gemeinsames und zentrales Ziel von Politik und Industrie. Sie dient letztlich der Sicherung der notwendigen gesellschaftlichen Akzeptanz, ist aber auch Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen in einem internationalen Wettbewerbsumfeld, in dem auch Kraftwerks-Technologien miteinander konkurrieren. Aus der Industrie kommen vermehrt positive Signale mit Blick auf  die technischen Weiterentwicklungen bei Turbinen und Fundamenten, bei der Netzanbindung, aber auch die logistischen Herausforderungen (insbesondere beim  Bau  und  Betrieb  der  Anlagen).  Dies  hat  die  Industrie  in  Workshop  III „Kostensenkung“ aufgegriffen und über Potentiale für deutliche Kostensenkungen im Bereich der Offshore-Windenergienutzung diskutiert. Außerdem wurden die zur Verwirklichung von Kostensenkungspotentialen erforderlichen konkreten Schritte und Maßnahmen vorgestellt.

Der Ausbau der Offshore-Windenergie kann nur gemeinsam mit der maritimen Wirtschaft gelingen. Die realisierten Wertschöpfungspotenziale für die deutsche maritime Wirtschaft bleiben bisher hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. Im Workshop IV „Offshore-Windenergie und Maritime Wirtschaft“ wurde deshalb diskutiert, wie sich für die Entwicklung, den Bau und die Wartung von Offshore- Windparks und deren Netzanbindungen leistungsfähige und bedarfsgerechte Kapazitäten bei Reedereien, Schiffbauunternehmen und in Häfen aufbauen lassen.

Weitere Themen in diesem Workshop waren die Entwicklung internationaler Vorschriften und Normen für den Bau und Betrieb von Spezialschiffen und Offshore- Plattformen, aber auch für die Ausgestaltung der maritimen Sicherheitspartnerschaft. Außerdem wurde diskutiert, wie der in der Offshore-Windindustrie bestehende Fachkräftebedarf gedeckt werden kann, etwa im Zuge der Aus- und Weiterbildung.

Workshop 1: Energiewirtschaftliche Fragen der Offshore-Windenergie

(„Rahmen sichern“)

Offshore-Windenergie ist eine geeignete Option zur Bereitstellung von Regelenergie. Zur Teilnahme an den Regelenergiemärkten bedarf es der Anpassung der Präqualifikationsmerkmale an die Eigenschaften der Windenergie.

In  der  mittel-  und  langfristigen  energiewirtschaftlichen  Gesamtbetrachtung  im Rahmen der laufenden Entwicklung des Strommarktdesigns wird u.a. eine stärkere Verzahnung der drei Sektoren Strom, Wärme und Verkehr gefordert. Hierdurch soll das hohe Flexibilitätspotenzial der Sektoren mit den Vorteilen der Offshore- Windenergie im Zusammenspiel mit den anderen erneuerbaren Energien genutzt werden.

Verschiedene Akteure z.B. aus den Bereichen der Schifffahrt, der Häfen, des Schiffbaus und der Meerestechnik halten eine Anhebung der Ausbauziele für die Offshore-Windenergie für erforderlich, um die in Aussicht gestellte Kostendegression realisieren zu können. Anderenfalls könnten der Ausbau der Netzinfrastruktur auf See und an Land nicht miteinander Schritt halten. Vertreter der Bundesregierung führten aus, dass eine Anhebung der Ausbauziele vor dem Hintergrund der aktuell noch höheren Stromgestehungskosten für Strom aus Offshore-Windenergie, den vergleichsweise langen Vorlaufzeiten für Offshore- Netzanbindungssysteme und Übertragungsnetzkapazitäten, insbesondere auch vor dem Hintergrund der geringen Akzeptanz von Netzausbaumaßnahmen an Land derzeit nicht diskussionswürdig sei.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben angeregt, mögliche Modelle der Vermaschung der Offshore-Netzanbindungen bei der Erarbeitung des Offshore- Netzentwicklungsplans zu prüfen und im Hinblick auf die technische Realisierbarkeit im Bau, aber auch im Betrieb zu untersuchen sowie deren Wirtschaftlichkeit zu analysieren. Dabei sollte der Fokus jedoch weiterhin auf dem bedarfsgerechten Bau der Offshore-Anbindungsleitungen und der zeitgerechten Realisierung ausreichender Transportinfrastruktur für Strom aus deutschen Offshore-Windparks in Richtung der Verbrauchszentren (z.B. Süddeutschland) liegen.

Die  Diskussionen  haben  ergeben,  dass  die  Regelung  zur   Verringerung  der Förderung bei negativen Preisen (§24 EEG 2014) in der heutigen Ausgestaltung eines der zentralen Risiken für die Wirtschaftlichkeit und damit die Finanzierbarkeitzukünftiger Offshore-Windparks bildet. Die Branche empfiehlt dringend die Weiterentwicklung des genannten Mechanismus mit dem Ziel, die bestehenden erheblichen Risiken deutlich zu mindern. Das Bundesministerium für Wirtschaft und   Energie   hat   in   diesem   Zusammenhang   darauf   hingewiesen,   dass   der Strommarkt in der Vergangenheit dann auf negative Preise reagiert hat, wenn diese stark ausgeprägt waren bzw. über einen längeren Zeitraum hinweg aufgetreten sind. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie lässt derzeit in einem Forschungsvorhaben die möglichen Risiken negativer Preise für die Zukunft untersuchen. Dabei wird auch versucht, das mögliche Verhalten der Marktakteure vor dem Hintergrund des § 24 EEG zu prognostizieren. Das Bundesministerium wird zur 9. Nationalen Maritimen Konferenz im Herbst 2015 über das weitere Vorgehen berichten.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops waren der Auffassung, dass die Ausschreibung verschiedenen Herausforderungen gerecht werden müsse. Mit dem   Ausschreibungsdesign   solle   ein   fairer   und   transparenter   Wettbewerb generiert werden. Die Ausschreibung solle dabei so gestaltet werden, dass ein kontinuierlicher und verlässlicher Ausbaupfad ermöglicht werden könne. In diesem Zusammenhang müssen die aktuellen Herausforderungen bei der Synchronisierung  und  der  Fertigstellung  der  Netzanbindung  und  der Windparks adressiert werden. Eine Inbetriebnahme von weiteren Offshore- Windparks in den Jahren 2021 bis 2023 ist nach Meinung der Workshop- Teilnehmerinnen und -Teilnehmer zwingend anzustreben, um einen Fadenriss in der industriellen Entwicklung zu verhindern und Kostensenkungspotenziale realisieren zu können.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren weiterhin der Auffassung, dass die Ausschreibung die aktuellen Förderkosten nur dann deutlich senken könne, wenn ein ausreichender Wettbewerb vorhanden sei, Kostendegressionspotenziale zeitnah realisiert würden, die Netzanschlüsse bedarfsgerecht umgesetzt werden könnten und wenn die gesamte Netzausbauplanung den Abtransport des erzeugten Offshore- Stroms sicherstellen könne. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer regten deshalb auch an, die Diskussionen über Beschleunigungsoptionen für Netzanbindungen wieder   aufzugreifen   und   ggf.   vorhandene   Beschleunigungsmöglichkeiten   im Rahmen des anstehenden Gesetzgebungsverfahrens zu berücksichtigen.

Die küstennahen Potenziale (Zonen 1 und 2) in Nord- und Ostsee können ausreichend Wettbewerb bis 2025/2030 ermöglichen und sind aus Sicht des BMWi und des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) für die Erreichung der definierten Ausbauziele von 15 GW ausreichend. Einige Workshop- Teilnehmerinnen und Teilnehmer bezweifeln, dass diese Potenziale vor dem Hintergrund langer Planungs- und Realisierungszeiten ausreichend sein werden.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind der Überzeugung, dass der rechtliche Rahmen  für  die  Ausschreibung  möglichst  kurzfristig,  also  noch  in  2015, umrissen werden müsse. Eine erste Ausschreibung solle Ende 2016 / Anfang

2017 umgesetzt werden. Gleichzeitig ist es aus Sicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Abhängigkeit des angestrebten Zielsystems erforderlich, angesichts bestehender Genehmigungen und Netzausbauplanungen auch Übergangsregelungen  vorzusehen.  Bei  der  Entwicklung  des Ausschreibungsdesigns solle analysiert werden, ob und in welcher Form vorhandene Genehmigungen für den Bau und Betrieb von Offshore-Windparks sowie vorhandene Daten und Informationen genutzt und im Rahmen der Ausschreibung integriert werden können.

Workshop II: Wertschöpfung und Beschäftigung der Offshore-Windindustrie

(„Wert schöpfen“)

Die zentrale und übergreifende Forderung aus dem Branchenforum lautet: Die Rahmenbedingungen - insbesondere im Hinblick auf die Vergütung von Strom aus Offshore-Windenergie und die Regelungen für die Planung und Realisierung der Netzanschlüsse - müssen sicher und langfristig angelegt sein. Nur dann könnten Investitionen in einer Größenordnung getätigt werden, die eine weitere Industrialisierung der Branche ermöglicht. Insofern sei es dringend erforderlich, dass der Systemwechsel bei der Förderung von Strom aus Offshore-Windenergie auf Ausschreibungsverfahren so geordnet gestaltet wird, dass Brüche in der Wertschöpfungskette vermieden werden und die zukünftigen Rahmenbedingungen eine kontinuierliche Entwicklung gewährleisten. Deshalb sollte aus Sicht von Branchenakteuren das Ausschreibungsdesign für Windenergie auf See so weit als möglich auch auf bestehende planerische und rechtliche Instrumente und Prozesse, wie  z.B.  Offshore-Netzentwicklungsplan  oder  den  Bundesfachplan  Offshore aufbauen.

Der Ausbau der Offshore-Windenergie in Deutschland bleibe dabei nach wie vor zentral,  denn  ohne  Heimatmarkt  gebe  es  keine  deutsche  Offshore- Windindustrie. Der Horizont müsse aber erweitert werden und die weiteren Perspektiven der Offshore-Windindustrie in den Bereichen Innovation, Betrieb und Service sowie Export als Felder für Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland – und die gesamte Lieferkette müssten stärker in den Blick genommen werden, um die Wertschöpfungsketten zu erhalten und auszubauen. Teilbranchen der maritimen Wirtschaft wie Schiffbau und Hafenwirtschaft seien dabei Partner der Offshore-Windindustrie und integraler Bestandteil der Wertschöpfungskette.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dem Workshop fordern, dass der Erhalt und der Ausbau der Wertschöpfung und der Beschäftigung als zentrale Bestandteile in die Maritime Strategie der Bundesregierung aufgenommen werden. Im Detail sei es dabei erforderlich, dass Maßnahmen zur Steigerung und zum Erhalt der Wertschöpfung in Deutschland im Rahmen der Maritimen Strategie  definiert  werden,  die  zur  Stärkung  der  Wettbewerbsfähigkeit  lokaler Akteure beitragen und gleichermaßen neuen Akteuren den Zugang zum Offshore-Windenergiemarkt ermöglichen sollen. In diesem Zusammenhang sollten alle relevanten Wertschöpfungsaspekte angesprochen werden.

Geeignete Infrastrukturen und Logistik wie Hafenkapazitäten für die Offshore- Windenergienutzung unterstützen nach Auffassung der Diskutantinnen und Diskutanten den Prozess zur Senkung der Stromgestehungskosten. Sie seien aber auch im Wettbewerb um Ansiedlung von Unternehmen und damit für die lokale Wertschöpfung und Beschäftigung von entscheidender Bedeutung. So sprechen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch dafür aus, dass die Bundesregierung die Küstenländer beim bedarfsgerechten Ausbau der Hafenkapazitäten unterstützt.

Weiterhin  gehen  die  Teilnehmerinnen  und  Teilnehmer  davon  aus,  dass Innovationen zur Schaffung marktfähiger Produkte ein Schlüsselelement für den Ausbau und Erhalt von Wertschöpfung in Deutschland sind und einen wichtigen Beitrag zur Kostensenkung leisten können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fordern deshalb, dass Forschungsschwerpunkte industriegetrieben definiert werden und die Umsetzung dieser Schwerpunkte möglichst in gemeinsamen Projekten  und  mit  Blick  auf  nationale  wie europäische  Synergiepotenziale verfolgt wird, ohne dabei den Abfluss von wertvollem Know-How zu riskieren.

Um die Auslastung gerade für bereits entstandene Produktionskapazitäten zu gewährleisten, werden vielversprechende wirtschaftliche Perspektiven im Export gesehen. Insgesamt sollten Handelshemmnisse abgebaut und flankierende Exportfinanzierungen  weiterhin  zur  Erschließung  von  Exportmärkten  zur Verfügung  gestellt  und  bei  Bedarf  auch  ausgebaut  werden.  Die  Nutzung erprobter internationaler Standards könne in diesem Zusammenhang nicht nur helfen,  die  Kosten  im  Bereich  der  Offshore-Windenergienutzung  zu  senken;  sie könne auch dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen für den Heimatmarkt, aber auch für den internationalen Markt zu stärken.

Im Service- und Wartungsgeschäft wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein erhebliches Potential für Wertschöpfung und Beschäftigung identifiziert, das mit dem Ausbau am Heimmarkt direkt verbunden sei, aber perspektivisch auch im Ausland ein wachsendes Segment der deutschen Offshore Windindustrie darstelle. Die adäquate Aus- und Weiterbildung insbesondere von Servicekräften in der Offshore-Windindustrie stellt nach Einschätzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer  eine  weitere Beschäftigungseffekte dar. Die Unternehmen der Offshore-Branche stünden hier in der Verantwortung, ihr Engagement im Bereich der Ausbildung entsprechend auszubauen. Die Politik könne und solle entsprechende Initiativen weiter unterstützen.

Workshop III: Kostensenkungspotentiale („Kosten senken“)

Nach Einschätzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist ein kontinuierliches und kreatives Zusammenwirken von Wirtschaft, Politik und Forschung Voraussetzung für die Realisierung der aufgezeigten Kostensenkungspotentiale.

Die Branche empfiehlt, nicht kalkulierbare Risiken zu reduzieren. Zum Beispiel müssten die mit der Regelung im EEG zur Verringerung der Förderung bei negativen Preisen verbundenen Risiken analysiert und im weiteren Schritt auf ein kalkulierbares Maß eingeschränkt werden.

Die Kostensenkungspotentiale ließen sich nur mittelfristig erschließen. Deswegen benötigten die Akteure verlässliche Rahmenbedingungen sowie die aktive Unterstützung und Begleitung durch Behörden und Politik beim Ausbau der Offshore- Windenergie. Das beschlossene Ausbauziel von 15 GW bis 2030 stelle aus Sicht der Branche die absolute Untergrenze dar, um Kostensenkungspotenziale verwirklichen zu können.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehen Wirtschaft und Industrie gemeinsam in der Verantwortung, ihre Möglichkeiten zur Kostensenkung über Innovationen, Optimierungen und Kooperationen - soweit notwendig und möglich auch mit politischer Flankierung - auszuschöpfen.

Daneben sollten nationale Standards und regulatorische Rahmenbedingungen überprüft und ggf. angepasst werden, um Barrieren abzubauen und Kosten zu senken. So sollten bspw. für die bauaufsichtlich eingeführten Eurocodes auch die Erfahrungen  erprobter  internationaler  Standards  (z.B.  aus  der  Öl-  und Gasindustrie für Tragstrukturen von Offshore-Plattformen) in die Fortschreibung der Eurocodes einfließen, um flexibler agieren zu können. Weitere zu diskutierende Themengebiete seien z.B. die Bereiche Brandschutz, wiederkehrende Prüfungen, Rahmenvorgaben  der  Generaldirektion  für  Wasserstraßen  und  Schifffahrt, Kolkschutz, Netzanschlussregelungen und Plattformstandardisierung. Die Industrie empfiehlt, das hiermit verbundene Kostensenkungspotential in Zusammenarbeit mit den betroffenen Behörden im Rahmen des Vorhabens „UKOW“ (Umsetzung von Kostensenkungspotentialen) unter Leitung der Stiftung Offshore-Windenergie zu heben.

Kostensenkungspotentiale  benötigen  nach  Auffassung  der  Teilnehmerinnen  und Teilnehmer  technische  Entwicklung  und  damit  Investitionen  vorrangig  aus  der Wirtschaft. Die Bundesregierung wird gebeten, solche Innovationen und Investitionen finanziell zu unterstützen. Es sollte geprüft werden, wie die bestehenden FuE-Förderprogramme weiterentwickelt werden können, damit die durch industrienahe Entwicklungsprojekte vorhandenen Kostensenkungspotentiale vor allem bei Tragstrukturen, Schallschutzmaßnahmen, Offshore- Netzanbindungstechnologien und Installationslogistik möglichst zeitnah erschlossen werden können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops verweisen auch auf erfolgreiche Förderkonzepte in Nachbarstaaten  (z.B. auf den „Offshore Wind Accelerator“ in Großbritannien), bei denen ein stark industriegetriebener Forschungsansatz verfolgt wird. So regen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums an, dass die Industrie das Gespräch mit dem BMWi sucht, um über die Möglichkeiten für ein in den Zielen und Wirkungen vergleichbares industrienahes und anwendungsorientiertes F&E-Programm - ggf. in Kooperation mit weiteren EU-Mitgliedsstaaten – zu diskutieren. Außerdem wird die Entwicklung von weiteren europäischen Initiativen, wie z.B. der SEASTAR-Allianz, begrüßt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops empfehlen darüber hinaus, dass  Wirtschaft  und  Bundesregierung  gemeinsam  die  Möglichkeiten  zur Realisierung  von  Testfeldern  und  Teststandorten  konkretisieren.  Es  müsse darauf geachtet werden, dass ein zukünftiges Ausschreibungssystem Test- und Demonstrationsfelder bzw. –standorte für Offshore-Windenergieanlagen und Kernkomponenten auf See sowie bis zu fünf Anlagen pro Anlagentyp, die für Testzwecke und für die Prototypenprüfung gebaut und betrieben werden, angemessen berücksichtige.

Workshop IV: Offshore-Windenergie und Maritime Wirtschaft

(„Voraussetzungen verbessern“)

Die maritime Wirtschaft vertritt die Position, dass erst mit einer gesicherten und ambitionierten  Projektpipeline  Investitionsentscheidungen  in  geeignete Hafenflächen, in den Bau und Betrieb von Spezialschiffen und in die Qualifizierung von Personal getroffen werden können. Daher müsse zwingend darauf geachtet werden, dass gerade der neue Fördermechanismus für Strom aus Offshore- Windenergie  nach  2020  so  gestaltet  werde,  dass  kontinuierliche Inbetriebnahmen von Offshore-Windparks auch unmittelbar nach 2020 sichergestellt werden könnten. Die Vertreter der maritimen Wirtschaft haben sich deutlich für eine Ausweitung der Ausbauziele für Offshore-Windenergie und für klare Regeln für Ausschreibungen ausgesprochen.

Die Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer regen gegenüber der Bundesregierung die Schaffung von branchengerechten Finanzierungsinstrumenten an. Dazu sollte die im Koalitionsvertrag verankerte Öffnung  des  KfW-Sonderprogramms  bzw.  die  Schaffung  alternativer geeigneter Finanzierungsinstrumente umgehend umgesetzt werden. Die Hafenwirtschaft erwartet, dass sich der Bund an der bedarfsgerechten Finanzierung der offshore-spezifischen Ertüchtigung, Ergänzung und Erweiterung von Hafeninfrastruktur in den Bereichen der Schifffahrt, der Häfen, des Schiffbaus und der Meerestechnik beteiligt, soweit es sich um offshore-spezifische Mehrkosten der Hafeninfrastruktur handelt. Die Weiterentwicklung des Hafenlastenausgleichswäre dabei eine mögliche Lösungsoption. Hier könnten Investitionen in Hafenkapazitäten zweckgebunden berücksichtigt werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer empfehlen eine zeitnahe Abstimmung zwischen Länder und Bund in dieser Frage. Weiterhin wird gefordert, dass das KfW- Sonderprogramm auf weitere Marktteilnehmer entlang der Wertschöpfungskette wie bspw. den Schiff- und maritimen Großanlagenbau sowie Reedereien ausgeweitet wird; dabei solle entweder der Förderfokus des KfW-Programms auf bedarfsgerechte Einzelprojektfinanzierungen für Errichtung, Wartung, Betrieb, Netzanbindung und medizinischen Versorgungsstrukturen von Offshore-Windparks sowie auf Erfüllungs- und Gewährleistungsgarantien ausgeweitet oder diese Optionen sollten in einem neuen Förderprogramm berücksichtigt werden. Die maritime Wirtschaft erwartet, dass der Bund Finanzierungsinstrumente schafft, die die Marktgegebenheiten bei Reedereien, Häfen, Werften und anderen maritimenGroßanlagenbauern berücksichtigen.

Die Branchenvertreter regen an, dass sich die Bundesregierung weiter deutlich dafür einsetzt, dass die auf nationaler Ebene bei den Servicefahrzeugen erzielten regulatorischen Fortschritte von weiteren EU-Mitgliedern als Mindestanforderungen  übernommen  werden  und  zukünftig  der  Marktzugang  für „Sub-Standardschiffe“ in deutschen AWZ-Windparks durch geeignete Kontrollen verhindert wird. Ebenso empfiehlt die Branche der Bundesregierung, die IMO- Vorschriftenentwicklung mit Unterstützung der Europäischen Kommission fortzusetzen. Weiterhin wird die Bundesregierung gebeten, eine kontinuierliche Beteiligung Deutschlands an den Debatten im Rahmen der „International Maritime Organization“ sicherzustellen, um die neue Personenkategorie „Industrial Personnel“ in der SOLAS-Konvention zu verankern und mit praxisgerechten Bau- und Ausrüstungsanforderungen für Servicefahrzeuge und Errichterschiffe zu verknüpfen. Bei der Fortschreibung des BSH-Standards „Konstruktion“ solle das BSH prüfen, alternativ zu bauaufsichtlich eingeführten Normen auch erprobte, bewährte internationale Offshore-Standards und werftübliche Baustoffe ohne weitere Einzelfallprüfungen für den Bau von Offshore-Plattformen zuzulassen. Die maritime Wirtschaft erarbeitet dafür eine Darlegung der Gleichwertigkeit.

Aus Sicht der Branchenvertreter müssen Bund und Länder ihre Gespräche über Zuständigkeiten bei der ganzheitlichen akut- und notfallmedizinischen Versorgung zügig beenden. Darüber hinaus haben sich Vertreter der maritimen Wirtschaft und der Offshore-Windenergiebranche für die Durchsetzung der vorhandenen gesetzlichen Rahmenbedingungen ausgesprochen, damit sie die akut- und notfallmedizinische Versorgung der Beschäftigten in den deutschen AWZ- Windparks langfristig sicherstellen und weiter ausbauen können. Eine Fortführung des Runden Tisches „Maritime Sicherheitspartnerschaft“ sei zur Verbesserung der Zusammenarbeit notwendig.

Schließlich wurden drohende Personalengpässe beim Offshore-Servicepersonal diskutiert. Unternehmen, die im Offshore-Service aktiv sind, sollten stärker als bislang in eine nachhaltige Ausbildung, Qualifizierung und Förderung von Nachwuchskräften investieren. Hierzu regen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Selbstverpflichtung der betroffenen Offshore-Windenergieunternehmen an. Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften, Verwaltung, Politik und Bildungsanbieter müssten gemeinsam junge Menschen für die beruflichen Herausforderungen und Karriereperspektiven von Offshore-Wind begeistern. Grundlage für das Interesse von Beschäftigten an diesem Betätigungsfeld seien langfristige, sichere Rahmenbedingungen für die Offshore-Entwicklung. Diese seien durch die Bundesregierung  zu  schaffen.  Aufgabe  der  Arbeitgeber  und  der  übrigen Sozialpartner sei die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Ausbildung. Verbände und die Stiftung Offshore-Windenergie werden gebeten, das vorhandene Informationsangebot über Aus- und Weiterbildung weiter zu verbessern.