Zahnlos im Zeitplan - Maritimer Klimaschutz der IMO

Montag, 16. November 2020 - 8:30

 

Hamburg 16.11.2020: Ab heute wird der IMO-Umweltausschuss (MEPC 75) in erster Lesung über den Entwurf kurzfristiger Klimaschutzmaßnahmen für die weltweite Schifffahrt beraten. Hiermit würde die International Maritime Organization den ersten Meilenstein ihrer 2018 verabschiedeten Klimaschutz- Strategie zeitlich einhalten. Das Maßnahmenpaket, das Energieeffizienzanforderungen für die fahrende Flotte definiert und auf die Reduzierung der CO2-Intensität im Schiffsbetrieb abzielt, könnte ab 2023 in Kraft treten.

Allerdings sind die vorgeschlagenen Änderungen der MARPOL-Konvention nicht sehr ambitioniert. das Minderungspotential bereits verfügbarer innovativer Umwelttechnik und alternativer Treibstoffe wird bei weitem nicht ausgeschöpft. Die europäische Schiffbauindustrie hatte über eine formale Eingabe seines Dachverbandes CESA verdeutlicht, dass eine Nachrüstung auf den aktuellen Neubaustandard technisch möglich ist. Die jetzt formulierten Designanforderungen sind für wirklichen Klimaschutz jedoch unzureichend, werden nur einmalig angewendet und passen sich daher nicht an den Stand der Verbesserungen in der Schiffstechnik an.

Beim Schiffsbetrieb ist das Minderungspotential der Maßnahme noch unklar, da bisher keine verbindlichen Instrumente für deren Verifizierung definiert wurden. Man verlässt sich bei der Umsetzung auf Selbstkontrolle von Managementplänen, statt international einheitliche Sanktionen für Sub-Standardschiffe zu setzen. Dieser Schwachpunkt wird – sofern diese Woche nicht nachgebessert wird – zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen und fortschrittlichen Reedern und Schiffbauunternehmen wirtschaftlich schaden.

Der technische Geschäftsführer des VSM, Dr. Ralf Sören Marquardt, formuliert die Erwartungen der Schiffbauindustrie: „Die IMO braucht eine GHG Strategie mit Durchschlagskraft, die das technisch Machbare auch völkerrechtlich einfordert. Um ihre Effizienz zu erhöhen, müssen die Mitgliedsstaaten die ökologische Payload erhöhen, statt weiter Leercontainer zu verschiffen.“

VSM-Hauptgeschäftsführer Dr. Reinhard Lüken betont: „Die Europäische Union fordert zu Recht konsequentere Maßnahmen für den Klimaschutz auf See. Allerdings dürfen regionale Maßnahmen nicht zu Nachteilen im internationalen Wettbewerb führen.“ Darum sollten in Europa Umweltinnovationen und deren Implementierung durch Finanzanreize gefördert werden. Der VSM setzt sich seit April für ein europäisches Flottenerneuerungsprogramm ein. Dazu Dr. Lüken: „Die EU hat es in der Hand der Welt zu zeigen, dass Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg gleichzeitig machbar sind“.

Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik e. V. ist die politische und wirtschaftliche Interessenvertretung der deutschen maritimen Industrie mit komplexen Wertschöpfungsketten in diversen maritimen Marktsegmenten. Weitere Einzelheiten zur Entwicklung der deutschen maritimen Industrie finden Sie im Internet unter http://www.vsm.de.