IMO GHG-Strategie setzt Kurs auf die Dekarbonisierung der Schifffahrt

Mittwoch, 18. April 2018 - 10:45

 

Konkrete Maßnahmen für die Erreichung der Klimaschutzziele noch unklar

 

Hamburg, 18.04.2018: Auf der 72. Sitzung des Umweltausschusses (MEPC 72) hat die International Maritime Organization (IMO) eine „Initial Strategy for the Reduction of GHG Emissions from Ships“ verabschiedet, die eine Dekarbonisierung der Schifffahrt bis Ende des Jahrhunderts anstrebt. Der VSM begrüßt, dass es – trotz stark divergierender Positionen – gelungen ist, gemeinsam einen Startpunkt für den maritimen Klimaschutz in der IMO zu setzten. Denn Schiffbau und Schifffahrt sind internationale Industrien, in denen starke Konkurrenz und zunehmende Wettbewerbsverzerrungen herrschen. Daher brauchen der Klimaschutz und die Branche klare, weltweit einheitliche und verbindliche Regeln.

Allerdings stellt die IMO-Resolution – wie in UN-Gremien üblich – einen Minimalkonsens dar, der hinter den technologischen Möglichkeiten der deutschen und europäischen Werften und Ausrüstungsproduzenten zurückbleibt. Auf Grundlage aktueller Forschungsergebnisse des EU-Vorhabens JOULES hatte der VSM über seinen Dachverband CESA ambitioniertere Zielvorschläge zu MEPC 72 eingereicht. Der VSM drängt deshalb darauf, dass nach den nun erfolgten politischen Willensbekundungen zügig die notwenigen Maßnahmen definiert und eingeleitet werden.

Angesicht eines prognostizierten Wachstums des internationalen Seeverkehrs von bis zu 250% reichen spezifische Effizienzsteigerungen (bezogen auf die Transportleistung) von bis zu 70% nicht aus, um bis 2050 eine Reduzierung der Gesamtemissionen von 50% zu erreichen. Insbesondere dürfen sich die angedachten Maßnahmen nicht nur auf die bauliche Energieeffizienz für neue Schiffe fokussieren. Ohne schnelle Entwicklung und Umsetzung von Anforderungen an die fahrende Flotte und den Schiffsbetrieb wird die IMO-Strategie scheitern.

Dabei wäre durch intelligente Kombination verfügbarer Technologien schon schneller mehr möglich, sofern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Technologieentwicklung ist finanziell aufwendig und nicht darstellbar, wenn Reedereien in der Schifffahrtskrise die nötigen Investitionen nicht tätigen. Neben intensiver Forschungsförderung bedarf es Nachrüstungsprogramme und finanzieller Anreize für innovative Schiffbauer und technologieoffene Reeder („incentives for early movers“). Hierzu enthält die IMO-Strategie bislang lediglich Kandidatenlisten („candidate measures“) und Zeitpläne mit Prüfvorbehalten, die der Bedeutung und Eilbedürftigkeit des Themas noch nicht gerecht werden.

Der maritime Klimaschutz erfordert ein neues, ganzheitliches Denken. Wie beenden wir die Abwärtsspirale aus Überkapazitäten, Dumpingpreisen und Subventionen? Wie schaffen wir verlässliche Rahmenbedingungen für das Inkrafttreten verbindlicher Regeln ohne Verschiebungen oder Schlupflöcher? Was muss geschehen, damit sich Investitionen in saubere Technologien von Anfang an lohnen?

Seriöse Untersuchen belegen, dass eine nachhaltigere Schifffahrt weder zu spürbaren Belastungen für den Einzelnen noch zu signifikanten Behinderungen für den Welthandel führen würde. Der Gestaltungsauftrag liegt nun bei der Politik. Sie sollte sich dabei an erfolgreichen Vorreitern orientieren – nicht an den Bremsern. Und dort wo es ökologisch und fiskalisch sinnvoll ist, sollten auch nationale bzw. europäische Programme auf den Weg gebracht werden. Der maritime Standort Deutschland würde davon auf breiter Front profitieren.