VSM Verbandsnachrichten 48. Ausgabe

VSM Verbandsnachrichten 48. Ausgabe

Liebe Leserinnen und Leser,

 

eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit von Regierungen vor und nach Wahlen liegt in der Natur einer jeden Demokratie. Auch wenn eine komplizierte Regierungsbildung absehbar war, sollten alle Beteiligten den politischen Stillstand in Deutschland möglichst schnell überwinden. Die Welt dreht sich weiter. Gerade in der Debatte um die Zukunft der Europäischen Union fehlt der deutsche Beitrag zurzeit.

Europa hatte sich einmal das Ziel gesetzt, wettbewerbsfähigste Region der Welt zu werden. Mit Brexit im Westen, Angriffen auf die Rechtsstaatlichkeit im Osten und nun auch noch eskalierendem Separatismus im Süden ist dieses Ziel in weite Ferne gerückt. Dabei wird die Wirtschaftsmacht Europa mit ihren liberalen Grundwerten heute dringender gebraucht denn je.

Die Reformvorschläge von Kommissionspräsident Juncker und Präsident Macron enthalten wichtige und interessante Ansätze. Geradezu reflexartig sind in Deutschland sofort die Bedenkenträger zur Stelle. Dies könne vor allem zu Lasten deutscher Steuerzahler gehen. Dabei ist Deutschlands Europabilanz bisher gerade wirtschaftlich überaus erfolgreich. Gegen das wirtschaftlich stärkste und bevölkerungsreichste Mitgliedsland kann die Zukunft der EU nicht gestaltet werden.

Voraussetzung ist allerdings, dass deutsche Interessen im europäischen Kontext hinreichend durchdacht und definiert sind. Die geplante Übernahme der Mehrheitsanteile der einzigen zivilen Großwerft Frankreichs STX France durch den staatlich kontrollierten italienischen Schiffbaukonzern Fincantieri mag dabei als Beispiel dienen. Beide Unternehmen sind just in den Marktsegmenten unterwegs, die auch für den Schiffbaustandort Deutschland von entscheidender Bedeutung sind: Kreuzfahrtschiffe und Marinefahrzeuge. Die Vereinbarung kam unter persönlicher Beteiligung beider Regierungschefs zustande. Berlin wurde dabei dem Vernehmen nach nicht konsultiert.

Für die deutsche Schiffbauindustrie wirft der Zusammenschluss wichtige Fragen insbesondere nach staatlicher Einflussnahme und möglichen Wettbewerbsverzerrungen auf. Und er hält eine Lektion parat: Europa findet statt, nicht gegen uns, aber ohne uns, wenn wir nicht agieren.

Wir wünschen dem 19. Deutschen Bundestag zur Kiellegung am 24. Oktober viel Erfolg. Auf das die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit schnell gelingen möge und wir unsere Hausaufgaben gemeinsam anpacken können. Genug zu tun gibt es auf jeden Fall!!

Dr. Reinhard Lüken

Hauptgeschäftsführer

Verband für Schiffbau und Meerestechnik e. V